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Rolf Becks Chorakademie
Via Seidenstraße in die Elbphilharmonie
Von Konrad Bockemühl
Lübeck
Am 9. April 2020 gibt die Internationale Chorakademie Lübeck (ICL) im Rahmen des Festivals „Seidenstraße“ ihr Debüt in der Elbphilharmonie. Bereits in wenigen Tagen führt sie Tan Duns „Buddha Passion“ vor Ort in den Mogao-Grotten bei Dunhuang am Rande der Wüste Gobi auf.
In diesen Grotten ließ sich der wohl bedeutendste chinesische Gegenwartskomponist über die üppigen Malereien in den Höhlentempeln für sein 2018 in Dresden uraufgeführtes Oratorium inspirieren. Die Chorakademie war hier (jeweils in Mandarin) bereits ebenso gefordert, wie bei der asiatischen Erstaufführung im Herbst in Hongkong. Der ins New York lebende Oscar-Preisträger Tan Dun (61, „Tiger and Dragon“) ist seit Jahren Rolf Beck und seinem Ensemble eng verbunden – auch über seine 2015 in Hamburg und Lübeck aufgeführte, weit weniger gefällige „Water Passion“.
Mit Tan Dun 7750 Kilometer quer durch China
Nun steht ab 4. Juni eine 7750 Kilometer lange Reise quer durch China an, sechs Konzerte mit Tan Dun, dem Orchestre National de Lyon und etlichen Solisten in 18 Tagen, dazu eine Fernsehübertragung und die Produktion einer DVD in der Oasenstadt an der Seidenstraße – ein faszinierendes, aber auch strapazierendes Vorhaben, wie Rolf Beck einräumt. Er muss noch eine Schulterverletzung auskurieren, die er sich bei einem Sturz in Kapstadt zugezogen hat.
Tradition der Weihnachtskonzerte wird fortgeführt
Ja, man kommt rum, wenn man stetig neue Talente rekrutiert. Immerhin sind 53 Sängerinnen und Sänger aus 21 Nationen dabei, wenn es am Dienstag von Frankfurt über Xi’an nach Dunhuang, später weiter nach Changsha, Qingdao und Shanghai geht. Dort war Beck mit seiner Chorakademie in der Vergangenheit schon häufiger zu Gast. Und ist weiter gefragt, weil es in China eben keine vergleichbare Chortradition gibt. Der langjährige Chorleiter und frühere SHMF-Intendant hat ein glückliches Händchen bei der Förderung guter Stimmen – wie er hierzulande seit Jahren auch in Vorweihnachtskonzerten unter Beweis stellt. Im kommenden Dezember sind Lübeck und Hamburg avisiert, in Kooperation mit den jeweiligen Stadtwerken erneut Auftritte in Elmshorn, Schleswig und Rendsburg fest geplant. Diesmal soll neben internationalen Weihnachtsliedern das Tango-Ensemble der Geigerin Isabelle von Keulen für Stimmungskontraste sorgen. Weitere Konzerte im Land, bedauert Beck, sind nach wie vor schwer zu finanzieren. Obwohl er auch dieses Jahr erleichtert ist, weiter auf sechsstellige Unterstützung des Lübecker Unternehmers und Flughafenbesitzers Winfried Stöcker (Euroimmun) zählen zu können.
Sommerakademie diesmal in der Slowakei
Lübeck gehört zum Namen, doch ambitionierte Vorhaben im Ausland zu realisieren, ist auch dank Rolf Becks guter Vernetzung leichter. So ist die dreiwöchige Sommerakademie für neue Sänger diesmal in im slowakischen Schloss Smolenice anberaumt. Auch der Ableger im brasilianischen Trancoso ist wieder eingeplant: Aus 150 Bewerbungen via Youtube wurden die 40 Teilnehmer ausgewählt. Beim Rheingau Musik Festival will Beck dann Rossinis „Petite Messe solennelle“ dirigieren. Sopran-Solistin, erwähnt er nicht ohne Stolz, ist übrigens Christiane Karg – eine von vielen namhaften „Ehemaligen“ seiner im SHMF begründeten und nach 2013 verselbstständigten Akademie, die mittlerweile einen Pool von rund 120 vielfach in Deutschland studierenden Sängerinnen und Sängern bildet.
Beck dirigiert „Carmina Burana“ in Südkorea
In Danzig steht am 31. August in 80-köpfiger Besetzung ein Konzert in Gedenken an den Beginn des 2. Weltkrieges vor 80 Jahren mit dem „Polnischen Requiem“ unter Leitung des Komponisten Krzystof Penderecki an, bevor es im Oktober erneut nach China geht. Und dann im Frühjahr 2020 nach Südkorea, wo Tan Dun erneut die „Buddha Passion“ und Rolf Beck mal wieder „Carmina Burana“ dirigieren will – bis dann die Seidenstraße in die Elbphilharmonie einzieht. Da hat der mit der Sängerin und Mit-Organisatorin Lucia Duchonova verheiratete Chorleiter seinen 75. Geburtstag schon hinter sich. Aber die Pläne reichen weiter: www.chorakademie-luebeck.com
Original unter: https://www.kn-online.de/Nachrichten/Kultur/Rolf-Becks-Internationale-Chorakademie-Luebeck-auf-grosser-China-Konzertreise